Freimaurer und Religion: Muss ich Christ sein?

Über das Verhältnis von Freimaurerei und Religion kursieren die wildesten Gerüchte. Sind wir eine Sekte? Eine Ersatzreligion? Oder Teufelsanbeter?

Nichts davon ist wahr. Die Haltung der Freimaurerei zur Religion ist eigentlich sehr einfach und war bei ihrer Entstehung 1717 revolutionär:

Religion ist Privatsache.

Der "Allmächtige Baumeister aller Welten"

In unseren Ritualen sprechen wir oft vom "Großen Baumeister aller Welten" (A.B.a.W.). Das klingt geheimnisvoll, ist aber ein genialer diplomatischer Schachzug.

Es ist ein Symbol für das Göttliche, das Transzendente – aber ein offenes Symbol. Jeder Bruder füllt es mit seinem eigenen Glauben:

• Für den Christen ist es Gott der Vater.

• Für den Muslim ist es Allah.

• Für den Juden ist es JHWH.

• Für den Deisten ist es das schöpferische Urprinzip des Universums.

Indem wir dieses gemeinsame Symbol nutzen, können wir alle gemeinsam im Tempel beten und arbeiten, ohne uns über theologische Details zu streiten. Das ist gelebte Toleranz.

Freimaurerei ist KEINE Religion

Das ist wichtig zu verstehen. Die Freimaurerei bietet keinen Weg zur Erlösung (wie das Christentum). Sie hat keine Dogmen. Sie hat keine Priester, die Sünden vergeben. Sie kümmert sich um das Diesseits – darum, wie wir hier und jetzt bessere Menschen werden können.

Ein Freimaurer kann (und soll) seine Religion behalten und praktizieren. Die Loge ist kein Ersatz für die Kirche, sondern eine Ergänzung.

Streitpunkt Katholische Kirche

Lange Zeit hat die katholische Kirche die Freimaurerei bekämpft (und umgekehrt). Päpste haben Bullen gegen uns erlassen. Die Gründe waren meist politisch: Die Kirche mochte den Freiheitsgedanken und die Toleranz der Logen nicht.

Heute hat sich das entspannt. Offiziell ist die Mitgliedschaft für Katholiken laut Vatikan immer noch problematisch ("schwere Sünde"), aber in der Praxis wird es oft geduldet. Viele katholische Männer sind glückliche Freimaurer und engagierte Christen zugleich. Sie sehen keinen Widerspruch zwischen Nächstenliebe in der Kirche und Brüderlichkeit in der Loge.

Was ist mit dem Islam?

Grundsätzlich steht die Freimaurerei Muslimen offen. In der Türkei oder im Libanon gibt es viele Logen. Auch in Berlin haben wir muslimische Brüder. Der Koran liegt dann oft neben der Bibel auf dem Altar.

Entscheidend ist nicht das religiöse Label, sondern die Bereitschaft, andere Meinungen zu respektieren (Toleranz). Fundamentalismus – egal ob christlich oder muslimisch – verträgt sich nicht mit der Freimaurerei.

Können Atheisten Freimaurer werden?

Das ist die schwierigste Frage. Die "reguläre" Freimaurerei (wie unsere Loge) erwartet den Glauben an ein "Höheres Prinzip". Ein strikter Atheist, der sagt "Das Universum ist nur zufällige Materie, es gibt keinen Sinn und Geist", wird sich mit unseren Ritualen schwer tun. Wir arbeiten "Zur Ehre des Großen Baumeisters". Wer dieses Symbol als leer empfindet, fühlt sich im Ritual oft fehl am Platz.

Aber: Viele Menschen sind heute keine Kirchgänger mehr, spüren aber eine spirituelle Sehnsucht oder glauben an eine "höhere Ordnung". Diese "Suchenden" sind bei uns herzlich willkommen.

Ein Ort des Friedens

In der Loge sind Streitgespräche über Religion und Parteipolitik traditionell verboten. Warum? Weil diese Themen Menschen trennen. Wir wollen aber das finden, was Menschen verbindet.

Stellen Sie sich einen Tisch vor, an dem ein konservativer Katholik, ein liberaler Protestant, ein Muslim und ein Agnostiker sitzen und sich als Brüder umarmen. Draußen in der Welt fast unmöglich. In der Loge Alltag.

Das ist das Angebot der Freimaurerei:

Einheit in der Vielfalt.

Finden Sie Ihren Platz

Egal was Sie glauben – solange Sie ein freier Mann von gutem Ruf sind und Toleranz im Herzen tragen, könnte die Freimaurerei Ihre geistige Heimat werden.

Sprechen Sie mit uns darüber. Auf unseren Gästeabenden sind Fragen zur Religion und Weltanschauung willkommen (anders als im Ritual!).

Kommen Sie zum nächsten Gästeabend in Berlin.